Hund vegan ernähren – Sinnvoll?
Um was gehts?
Den Hund vegan zu ernähren … geht das überhaupt? Der Aufhänger ist der Artikel beim Spiegel über vegane Hundeernährung. Darin wird Prof. Dr. Ellen Kienzle (Fachtierärztin für Tierernährung an der Uni München) zitiert in einer Leseart, die dem geneigten Veganer als eine Art Freibrief für die vegane Hundeernährung erscheinen könnte. Ich frage mich warum eigentlich? Der Hund ist ein Raubtier, welches alles mögliche verdauen kann. Allerdings kommt man, wenn man nur einen kurzen Blick auf die Verdauungsorgane des Hundes wirft, in der Regel schnell zu dem Schluss, dass der Hund Verdauungsorgane für die hauptsächliche Verdauung von Fleisch und tierischen Produkten verpasst bekommen hat.
Warum sehe ich das so?
Das Verdauungssystem – ein einfacher Abriss
Die Zähne
Angefangen beim Fang des Hundes fallen jedem zuerst die Fangzähne auf, welche deutlich länger als die kurzen Stummel des Menschen sind. Jeder Hundehalter sollte den Rest des Hundegebisses kennen – die Praemolaren und die Molaren. Diese sind nicht etwa wie beim Menschen flach und zum Zermahlen geeignet, sondern die sind keilförmig nach oben gehend und eigenen sich zum Schneiden. Wer es nicht glaubt sollte mal versuchen eine Hundeleine zu zerkauen und dann nach stundenlangen und höchstwahrscheinlich erfolglosem Versuch diese mal seinem Hund geben. Es dauert nur kurze Zeit und der Hund hat es durch (ja, natürlich es kommt auf die Rasse an – wir gehen mal von einem 0815 Dalmatiner aus 😉 )
Der Speichel
Weiter geht es mit dem Speichel. Wer seinem Hund ins Maul greift stellt fest, dass der Speichel deutlich anders wie der von uns Menschen ist. Wir haben ein eher wässigen Speichel mit ein paar Enzymen die unter anderem Stärke schon beim Kauen aufspalten.
Der Hundespeichel ist in verschiedenen Konsistenzen vorhanden, aber er hat in der Regel eine schmierige und ölige Konsistenz . Barfer kennen das Fressverhalten von Hunden. Das Fleisch und die Knochen werden grob zerkleinert und dann hinter gewürgt. Der Rachen und Halsbereich ist auch ziemlich groß, sodass das Fleisch problemlos runtergleiten kann nachdem es richtig eingespeichelt wurde.
Der Magen
Gehen wir weiter runter in den Magen. Der Magen des Menschen ist eher weniger dehnbar. Die Magensäure ist auch recht schwach. Der Hund hat einen dehnbaren Magen der sehr viel mehr Volumen fassen kann. Der Hund muss zwar auch regelmäßig Nahrung zu sich nehmen, aber mit einer Mahlzeit am Tag kommt er gut zurecht und auch mit einem Fastentag. Die Magensäure des Hundes soll deutlich ätzender sein als die des Menschen („soll“ deshalb, weil ich das nicht gemessen habe). Wenn ein Hund Knochenstücke erbricht, sind diese rund geätzt. Das spricht für eine starke Magensäure.
Der Verdauungstrakt
Auch kurz zum Hundeverdauungstrakt ein kleiner aber wichtiger Punkt. Insgesamt ist der Verdauungstrakt des Hundes deutlich kürzer als der von uns Menschen. Eine Darmpassage dauert bei einem Hund irgendwo 24 Stunden.
Ich spare mir mal das nähere Eingehen auf Dünndarm und Dickdarm.
Kohlenhydrate
Und natürlich kann der Hund auch andere Sachen verdauen, welche kein Fleisch sind. Wenn ein Hund Gemüse bekommt, wird das in der Regel auch recht gut verdaut (solange das Verhältnis zu anderen Nahrungsbestandteilen stimmt). Wenn ein Hund Haferflocken, Reis, Nudeln oder Kartoffeln bekommt, kann er daraus auch einen Teil seines Energiehaushaltes decken. Das liegt an Enzymen der Bauchspeicheldrüse, welche dafür sorgen, dass der Dünndarm leicht aufzunehmende Nachungsbestandteile zur Aufnahme bekommt.
Aminosäurebedarf
Der Aminosäurebedarf eines Hundes ist aber nicht so einfach über nicht tierische Produkte zu decken. Fleisch und tierische Produkte haben, teilweise auch stark variierend eine Aminosäureverhältnis, welches, wenn man ausgeglichen füttert, dem Bedarf des Hundes sehr gut entspricht. Wenn man das mit Pflanzennahrung versucht, fängt es an sehr kompliziert zu werden.
Kot
Der Kot des Hundes ist, wenn der Hund richtig ernährt wurde, deutlich reduziert gegenüber der Ausgangsmenge des Futters. Wenn man die üblichen Argumente der BARFer liest, welche gegen Trocken- oder industriell hergestelltes Futter wettern, fällt einem auf, dass gegen viele Streckmittel wie Getreide geschimpft wird. Es mag für den einen oder anderen normal erscheinen, dass sein Hund von 20 Kilo 2 mal am Tag abkoten muss. Wenn man aber Futter selbst herstellt und so ernährt, stellt man erst einmal fest, was normal ist und was nicht. Man gibt bei selbst zubereiteten Rationen dem Hund hoch verdauliches Futter was auch seinem natürlichen Bedarf entspricht.
Verhalten – das Jagdverhalten
Ein Teil des natürlichen Verhaltens des Hundes ist, und das wissen viele Hundehalter aus leidiger Erfahrung, das Jagdverhalten. Es gibt fast keinen Hund der nicht auf irgendeine Art jagdlicher Reiz anspringt (egal ob er nun wirklich draußen jagt oder von einer Hatz abzurufen ist oder das Verhalten draußen leicht hemmbar ist). Jagd ist ein Teil der Strategie zur Nahrungakquirierung. Jagd besteht nun mal aus Orientieren, Anschleichen, Hatz, Töten und schlussendlich Fressen. Das Verhalten ist extrem selbstbelohnend was auch der Grund ist, warum Hunde umso schwerer bei diesem Verhalten kontrolliert werden können umso öfter das Verhalten durchgeführt wurde. Bemerkenswert ist auch, das dieses Verhalten nur in seinen Teilen sehr belohnend ist – sprich eine abgebrochene Jagd ist belohnend genau so wie das erfolgreiche Töten der Beute.
Soweit erst mal zu dem Thema was meiner Meinung nach für den Hund normal ist.
Veganismus, Hundeernährung, der Mensch und die Ethik
So, jetzt kommen wir zu der Ethikgeschichte. Ich bin niemand der irgendjemand was vorschreiben möchte. Allerdings habe ich eine Meinung zu dem Thema und die bringe auch hier zu Blatt – das sei mir gestattet. Vegane Tierernährung ist nicht im Sinne des veganen Selbstverständnisses. Ich bin kein Veganer sondern Vegetarier, weil ich der Meinung bin, dass ich die Welt nicht retten möchte, noch kann, noch das meine Aufgabe ist, aber mich gesund ernähren möchte. Wenn ein Mensch sich aber in der Position findet, dies übernehmen (also Welterverbesserung) zu wollen ist das sein gutes Recht. Ein Hund ist allerdings ein Lebewesen, für das man die Verantwortung übernommen hat. Die Verantwortung ist meiner Meinung nach auch höher als die Verantwortung für die Tiere der Massentierhaltung. Durch eine vegane Ernährung eines Hundes wird man meiner Meinung nach dieser Verantwortung nicht oder nur teilweise gerecht. Wie oben dargelegt, ist der Hund als hauptsächlicher, aber nicht ausschließlicher Fleischfresser durchgeplant und aufgebaut. Wenn also ein Hund nun entgegen seiner natürlichen Bedürfnisse ernährt wird, tut man dem Tier zwar keine Gewalt an – man schränkt das Tier bei seinen elementarsten Bedürfnissen unnötigerweise ein.
Ein Hund ist in seiner ganzen Lebensweise mit dem Menschen schon beschränkt – das geht beim Sexualtrieb los (der durch Kastration oder durch Bewegungseinschränkung nicht ausgelebt werden kann), hin zu seiner körperlichen Freiheit (wir legen Gassizeiten und -wege fest), weiter zu den Sozialkontakten (wir legen fest mit wem der Hund sich trifft und mit wem nicht) und weiter über viele Bereiche des hundlichen Lebens. Dafür gewinnt der Hund im Zusammenleben mit uns auch sehr viele Sicherheiten für sein Leben (Nahrungsmittelsicherheit und auch Sicherheit in Bezug auf sein Leben).
Nur sollte ein Hundehalter seiner persönlichen ethischen Ansichten auf sein Umfeld ausweiten? Jeder Veganer kennt seltsamen Äußerungen der Mitmenschen über den eigenen Lebensstiel. Man hat den Eindruck, eingefleischte (lustiges Wortspiel) Fleischesser und Steakliebhaber möchten oftmals den eigenen Lebensstiel einem selbst aufdrängen und ihn als Normal hinstellen und haben mindestens kein Verständnis dafür, dass man jetzt das fein gegrillte Kobe-Steak irgendwie nicht begehrenswert findet. Das findet so ziemlich jeder Veganer reichlich frech und unangebracht wenn sich jemand in die eigenen Diätgewohnheiten einschalten möchte. Oder welchen Aufstand würde es geben, wenn man seinem Partner die vegane Ernährungs- und Lebensweise aufzwingen wollen würde?
Frage: Warum tut das ein veganer Hundehalter dann bei seinem eigenen Hund?
Mein Respekt an vernünftige Veganer
Ich habe übrigens, obwohl ich von einer veganen Diät, wie oben erwähnt für meine Person nicht viel halte, großen Respekt vor vegan lebenden Hundehaltern, die ihr Tier Barfen oder mit selbstgemachtem Futter dem natürlichen Bedürfnissen des Hundes gerecht ernähren.
Auch ich als Vegetarier musste mich erst mal dran gewöhnen mit einem Fleischermesser große Fleischstücken und Tierinnereien zu portionieren zumal ich wusste, dass das sicher vorher eine ziemlich nette und schlaue Kuh war. Allerdings ist es besser die Kuh landet in meinem Hund als auf der Müllhalde.
Anmerkung zum Interview mit Prof. Dr. Kienzle
Es entzieht sich meinem Verständnis warum Frau Prof. Dr. Kienzle in dem Interview über vegane und vegetarische Hundeernährung einen gewissen Freiraum an gibt durch Formulierungen wie „wenn es denn unbedingt sein muss dann…“. Nein, es muss nicht sein! So einfach ist das meiner Meinung nach. Man kann auch mal sagen „Fachlich gesehen ist das nicht in Ordnung“ wenn man was nicht richtig findet. Da sollte man schon mal die Schuhe an haben und eine klare Linie vorgeben.
Weiter wird sie ausgeführt mit einem „Tipp“ wie man dem Hund so eine Ernährung aufzwingen kann (wenn auch mit dem Vorbehalten in Bezug auf die ethische Vertretbarkeit). Wenn man als Fachperson ein Interview gibt, sollte man sich solche Aussagen meiner Meinung nach verkneifen zumal ja zum Ausdruck kommt, dass sie das nicht gut heißen kann. Das ist das gleiche wie „Ich finde es zwar nicht gut wenn jemand stiehlt, aber es ist ein möglicher Weg sich von einer Baustelle ein paar Schaufeln Sand zu holen falls man ihn braucht“. Anstatt sich in einem langen Interview über die Möglichkeit des Fragwürden auszulassen, wäre es für jemand vom Fach besser einfach zu sagen „Das ist nicht richtig, Unsinn und ein vernünftiger Hundehalter macht sowas nicht“ – Ende. Mehr muss meiner Meinung nach zu dem Thema nicht gesagt werden.
Abschließende Worte
Ich habe in dem Artikel meine Meinung dargelegt. Ich möchte in den Kommentaren keine Kommentare die darauf abzielen, dass ich meine Meinung ändere. Ich werde mich da auch auf keine Diskussion einlassen. Jeder ist für das Wohl seines eigenen Hundes verantwortlich und die obigen Gedanken sind dafür da, dass vielleicht der eine oder andere seine Position unter Umständen überdenkt. Ich möchte auch keine Diskussion über Vegetarismus und Veganismus – da steht jedem frei zu tun oder zu lassen was er für richtig hält, solange sein Umfeld nicht nervt oder ändern will außer durch guten Geschmack und ein gutes Beispiel 😉
Mir ist übrigens auch klar, dass Hundeernährung ein Thema ist mit vielen Positionen, Ansichten und Unsicherheiten ist. Ich schreib von den bewiesenen Gemeinsamkeiten die man, auch ohne ernährungswissenschaftlich ausgebildet zu sein, leicht selbst nachvollziehen kann.
Falls Du also einen Kommentar schreiben möchtest sei bitte freundlich. Falls du mich fachlich korrigieren möchtest tue das bitte nachvollziehbar und freundlich, denn es wäre schlimm wenn hier Unsinn steht.
Huhu
Ich sehr SEHR guter Post!!!!
Meine Vi ist selber Vegetarierin und ich bekomme nur Frischfleisch *jammi*
Zum Glück hat meine Vi damit kein Problem. Sie ist der Meinung, dass ich ja nix dafür kann, dass sie sich vegetarisch ernähren möchte. Also bekomme ich die Nahrung, die die Natur für mich vorgesehen hat: Fleisch … ok ein bisschen Obst und Gemüse ist auch dabei 😉
Danke für die richtig guten Worte!
Schlabbergrüße Bonjo
Toller Beitrag.
Ethik hin oder her. Wenn man sich einen Hund anschafft, weiß man, dass man sich ein „Raubtier“ ins Haus holt und ist in der Verantwortung, ihn halbwegs „hundgerecht“ zu ernähren.
Wer das nicht kann, sollte auf Kaninchen ausweichen. Sind doch auch ganz süß. 😉